Rücken: Verengung des Wirbelkanals

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Begriffserklärung und Entstehungsursachen

Der Wirbelkanal (Spinalkanal) befindet sich im Inneren der knöchernen Wirbelsäule und verläuft von der Halswirbelsäule bis zum Steißbein. In der Lendenwirbelsäule verlaufen im Spinalkanal gebündelt die Nervenwurzeln für die Versorgung der Beinmuskulatur und der Nerven, welche die Blasen- und Mastdarmentleerung sowie die Sexualfunktion kontrollieren. Der knöcherne Spinalkanal hat unterschiedliche Abmessungen, je nach erblicher Anlage, aber auch je nach Etage in der Wirbelsäule. Eine Verengung des Spinalkanals (Spinalstenose) bedeutet, dass der Wirbelkanal lokal begrenzt eingeengt ist.
Durch den aufrechten Gang des Menschen wird die Wirbelsäule am stärksten in der Lendenwirbelsäule belastet. Deshalb treten in diesem unteren Bereich am häufigsten die Verengungen auf. Veränderungen durch Verschleiß bedingte Verdickung der Wirbelgelenke (Facettenarthrose) sind dabei die häufigste Ursache: Im Laufe der Zeit verliert die Bandscheibe, die als Stoßdämpfer und Abstandshalter zwischen den Wirbeln fungiert, an Flüssigkeit. Dadurch wird der Zwischenwirbelraum verringert und die Wirbelgelenke sind stärkerer Reibung ausgesetzt. Diese Veränderungen führen dann zur Verengung des Wirbelkanals (zentrale Stenose).
Von einer lateralen Stenose ist die Rede, wenn vorwiegend die Zwischenwirbellöcher verengt sind. Zwischenwirbellöcher sind paarige Öffnungen des Wirbelkanals durch die Rückenmarknerven austreten. Sie werden von zwei benachbarten Wirbeln gebildet. Sehr selten sind angeborene Wirbelkanalenge, Hormonveränderungen oder Knochenerkrankungen der Grund einer Verengung des Wirbelkanals.

Symptome und Beschwerden

Bei einer Verengung haben die Nervenfasern und ihre versorgenden Blutgefäße durch verstärkten Blutfluss unter Belastung nicht mehr genügend Platz im Wirbelkanal. Dadurch entstehen Beschwerden, die in den meisten Fällen bereits beim normalen Gehen mit schmerzbedingtem zeitweilig auftretendem Hinken auftreten: Nach einer mehr oder minder kurzen Gehstrecke treten Schmerzen in einem oder in beiden Beinen auf, oft auch eine umschriebene Gefühlsstörung und eine Schwäche. Dies zwingt die Betroffenen, in mehr oder weniger kurzen Abständen stehen zu bleiben – wie bei einem Schaufensterbummel. Das nennt man deshalb auch die „spinale Schaufensterkrankheit“ (Claudicatio intermittens spinalis oder Spinalstenose). Weitere Symptome sind Rückenschmerzen, die in die Beine ausstrahlen können und Bewegungseinschränkungen sowie Muskelverspannungen im unteren Wirbelsäulenbereich.
Bei einem fortgeschrittenen Stadium der Spinalstenose kann es zu anhaltenden Gefühlsstörungen, Missempfindungen und Schwächegefühlen in den Beinen kommen sowie zu Blasen- und Darmstörungen und zu einer gestörten sexuellen Funktion. Die gefäßbedingte Variante der Schaufensterkrankheit erzwingt zwar ebenfalls ein belastungsabhängiges Hinken, unterscheidet sich aber deutlich in den Umständen der Auslösung. Bei der Spinalstenose gehen die Beschwerden ebenfalls durch Ruhe zurück, aber auch durch Änderung der Körperhaltung, beispielsweise beim Nach-vorne-Bücken oder Hinsetzen. Die Vorbeugung schafft in der Lendenwirbelsäule durch Straffung der Bänder etwas mehr Platz, im Gegenzug sind Rückbeugungen durch Stauchung der Bänder mit einer Verringerung des Raumes im Spinalkanal verbunden. In Positionen, in denen der Rumpf nach vorne gebeugt ist (z.B. Bergauf gehen oder Fahrradfahren) sind die Patienten teilweise uneingeschränkt belastbar, während beim Bergablaufen durch die Rückbeugung Probleme entstehen.
Dies ist der wesentliche Unterschied zur gefäßbedingten Schaufensterkrankheit, bei der belastungsabhängig, aber unabhängig von der Position des Rückens, die durch die Gefäßverengung (Arteriosklerose) bedingte geringere Blutversorgung der Muskeln beschwerdeauslösend ist. So können diese Patienten meist auch nur kurz Fahrrad fahren oder schlecht bergauf gehen.

Diagnose

Die Krankengeschichte des Patienten mit den typischen Symptomen (wie oben beschrieben) ist meist wegführend zu einer Diagnose der Spinalstenose. Wichtig in der weiteren Diagnostik sind allerdings vor allem bildgebende Verfahren, die eine Verengung des Wirbelkanals erkennen und lokalisieren lassen. Mit einem Röntgenbild lassen sich lediglich Ursachen der Spinalstenose erkennen, wie z.B. knöcherne Veränderungen, Wirbelkörperanbauten oder Bandscheibenerniedrigungen.
Da die Verengung des Wirbelkanals jedoch selbst nicht beurteilbar ist, sind die Magnetresonanztomografie (Kernspintomografie, MRT) und neuerdings seltener die Computertomografie (CT) notwendig, um die Verengung darzustellen. Am häufigsten wird aber auf die MRT zurückgegriffen, da damit die Weichteilstrukturen oder Nervenwurzeln sehr viel besser darstellbar sind.
Früher gängig war darüber hinaus die Myelografie, bei der Kontrastmittel in den Wirbelkanal gespritzt und anschließend ein Röntgenbild, in speziellen Fällen auch eine Computertomografie (Myelo-CT) angefertigt wurde. Diese Untersuchung wird nur noch in Ausnahmefällen bei speziellen Umständen eingesetzt. Um zu erkennen, ob bereits eine Nervenschädigung möglicherweise auch aus anderer Ursache vorliegt, sind manchmal zusätzliche neurologische Untersuchungen, mit denen der Funktions- und Leistungszustand der Nervenbahnen ermittelt werden kann, notwendig (EMG/ NLG). In einzelnen Fällen grenzen Laboruntersuchungen, z.B. eine Blut- oder Nervenwasseruntersuchung, andere Ursachen für die Beschwerden aus.

Therapie

Die Beschwerden der Betroffenen hängen nicht zwingend mit dem Grad der Einengung des Wirbelkanals zusammen. So kann es auch sein, dass Betroffene keine Beschwerden haben, obwohl eine Spinalstenose nachgewiesen wurde. Sollten jedoch stärkere anhaltende Beschwerden vorliegen, können mit Spritzen direkt in den Spinalkanal akute Schmerzen vorübergehend, manchmal auch mit längerer Wirkung gemildert werden. Begleitende Krankengymnastik zur Stärkung der Rumpfmuskulatur verbessert die Haltung und lindert die Beschwerden. Übungen, die den Alltag leichter bewältigen lassen, vervollständigen das Training. Medikamente oder Akupunktur können im Anfangsstadium ebenfalls hilfreich sein.
Ist die Spinalstenose jedoch soweit fortgeschritten, dass zeitweiliges doppelseitiges oder einseitiges Hinken weitere ärztliche Hilfe erfordert, kann oft nur eine Operation eine Besserung bringen. Ziel der Operation ist eine Erweiterung des Spinalkanals, wobei die verdickten und teilweise verkalkten Bänder entfernt werden. Weiterhin wird das arthrotisch veränderte und überschüssige Gewebe der Wirbelgelenke abgetragen und die Wirbelbögen verdünnt (Undercutting Decompression), wobei streng darauf geachtet wird, die Stabilität und die Struktur des Wirbels zu erhalten. Es wird deshalb grundsätzlich schonend vorgegangen und die Operation mit Hilfe eines Mikroskops und speziellen feinen Instrumenten durchgeführt (mikrochirurgisch).
Bei Patienten, die außer der Spinalstenose auch starke Kreuzschmerzen oder ein Wirbelgleiten haben, muss manchmal zusätzlich zur Dekompression eine dynamische Stabilisierung mit einem flexiblen oder Versteifung mit einem festen Schrauben-Stab System plus vorderem Platzhalter (Cage), seltener mit einem Spreizer zwischen den Dornfortsätzen (interspinöser Spreizer) erfolgen. Die Operation erfolgt in allen Fällen über einen chirurgischen Zugang vom Rücken (dorsal) in der Mittellinie.

Nachbehandlung

In den Tagen nach der Operation werden die Patienten mobilisiert, bekommen aber zur Stützung der Wirbelsäule ein Mieder verschrieben. Dieses lässt zudem keine starken, extremen Bewegungen zu, die auch vermieden werden sollten. Nach einer reinen Dekompressions-Operation einer Spinalstenose, ggf. auch nach einer zusätzlichen dynamischen Stabilisation, kann im Anschluss an den stationären Aufenthalt eine Rehabilitation im Rahmen einer sogenannten Anschlussheilbehandlung (AHB) durchgeführt werden. Diese AHB ist nicht bei jedem Patienten notwendig und abhängig von der individuellen medizinischen Situation bei verbliebener Bewegungseinschränkung und Instabilität durch die bewegungsarmen Monate vor der Operation. Außerdem ist eine Genehmigung durch den Kostenträger vorgeschrieben, die je nach Einzelfall entschieden wird. Patienten, die zusätzlich eine Versteifung bekommen haben, sollen für die Dauer der knöchernen Heilung von mindestens drei Monaten keine schweren Gegenstände heben (schwerer als 5 Kilogramm), weshalb eine Rehabilitations-Maßnahme kaum Sinn macht.
Die positiven Effekte der Erweiterung des Spinalkanals können aber auch von allen Patienten in zunehmend längeren Spaziergängen und ggf. begleitender individueller Krankengymnastik zum aufbauenden Training genutzt werden.

Ansprechpartner

Wirbelsäulenzentrum
Chefarzt Klaus-Eberhard Kirsch

Tel 0421.8778-253
Fax 0421.8778-103
Mail wirbelsaeulenzentrum@roland-klinik.de