Rücken: Iliosakralgelenk/ISG-Syndrom
Diagnose / Therapie / Ansprechpartner
Diagnose
Begriffserklärung und Entstehungsursachen
Das Becken ist wie ein Ring, der sich aus verschiedenen Knochen zusammensetzt und durch starke
Bänder zusammengehalten wird. Das Kreuz-Darmbeingelenk, auch als Iliosakralgelenk (ISG) bezeichnet,
befindet sich zwischen dem in der Mitte gelegenen Kreuzbein (Sakrum) und dem linken bzw. rechten
Darmbein (Ilium). Es gibt somit ein linkes und ein rechtes ISG. Das Gelenk selbst ist L-förmig und
verbindet zwei mit Gelenkknorpel versehene knöcherne Oberflächen.
Der gesamte Beckengürtel ist von einem starken System von Bändern umgeben, welche für die sehr
geringe Beweglichkeit des ISG von nur einigen Millimetern und wenigen Grad sorgt. Alle Kräfte
zwischen den Beinen und dem Oberkörper werden durch die Iliosakralgelenke geleitet. Die Bewegungen
im ISG übernehmen eine Art Pufferung und Verteilung der Kräfte zwischen oberer und unterer
Körperhälfte und spielen eine wichtige Rolle bei fast allen Bewegungen des täglichen Lebens. Das
ISG verändert sich im Laufe seines Lebens und passt sich den veränderten Belastungen an. Mit
Beginn der Pubertät und dem daraus resultierenden Wachstumsschub nimmt auch das Gewicht und die
Belastung des ISG zu, so dass die in der Kindheit noch flachen ISG-Flächen zunehmend eine
unregelmäßige, höckerige Struktur entwickeln, die individuell bei jedem Menschen verschieden
ist.
Schmerzen im ISG können durch Verschleiß und Arthrose wie bei jedem anderen Gelenk entstehen. Weitere Gründe sind Unfälle, Überlastungen, Lockerungen der Bänder wie z.B. bei Frauen nach einer Geburt, Entzündungen u.a.
Symptome und Beschwerden
Schmerzen, die durch das ISG verursacht werden, können akut oder chronisch sein und werden von
vielen Menschen zunächst häufig allgemein als Rückenschmerzen bezeichnet. Bei genaueren
Nachfragen und Untersuchungen zeigen sich feine, aber deutliche Unterschiede. Diese
Verallgemeinerung mag der Grund dafür sein, dass nach aktuellen Studien bei ca. 20% aller
chronischen Rückenschmerzen in Wahrheit das ISG die Schmerzursache sein könnte.
Chronische ISG-Schmerzen werden jedoch mehr als Schmerzen im seitlichen Becken und/oder der
Leistengegend lokalisiert. Genauere Bezeichnungen hierfür sind „Sakralgie“, „Sakroiliitis“
oder ISG-Syndrom. Viele Patienten haben auch die für das ISG-Syndrom typischen Sitzbeschwerden, die
oft zu einer auffallenden, einseitigen Sitzhaltung führen. Beinschmerzen sind ebenfalls recht
häufig und können mit Schmerzen wie sie bei einem Bandscheibenvorfall auftreten verwechselt
werden.
Diagnostik
Die wichtigsten Informationen für die Diagnose sind die Entstehungsgeschichte (Anamnese) der Beschwerden, die Symptome, Lokalisation und Ausstrahlung der Schmerzen sowie die resultierenden Einschränkungen für den Patienten. Die einseitige Sitzhaltung und Schmerzen, wie oben beschrieben, lassen das ISG als mögliche Ursache in den Fokus rücken. In der körperlichen Untersuchung durch den Arzt wird die Schmerzverteilung durch direkten Druck und sogenannte Provokationstest überprüft und näher eingegrenzt. Bei den Provokationstests übt der Arzt durch bestimmte Bewegungen Belastung auf das ISG aus, die gegebenenfalls den bekannten Schmerz auslösen oder verstärken, was ein wichtiger Hinweis ist. Im weiteren Verlauf wird der Arzt gegebenenfalls unter Röntgen- oder CT-Kontrolle gezielte Injektionen in das Gelenk durchführen und so testen, ob der Schmerz sich für die Wirkdauer des lokalen Betäubungsmittels abschalten lässt – dies wäre ein weiterer, sehr wichtiger Hinweis auf die Ursache der Schmerzen durch das ISG. Ebenfalls wichtige diagnostische Maßnahmen können eine spezielle Computertomographie des ISG sowie die Anfertigung von Kernspinaufnahmen der Wirbelsäule sein, da natürlich auch andere Ursache der Beschwerden seitens der Wirbelsäule beachtet und ausgeschlossen werden müssen.
Therapie
Behandlung
Für die Therapie ISG bedingter Rückenschmerzen kommen verschiedene konservative und operative Maßnahmen in Frage. Vorrangig ist immer die konservative Behandlung mit Schmerzmedikation (NSAR), manueller und spezieller Physiotherapie, gegebenenfalls eine Korsettbehandlung und Umstellung vorhandener Belastungsfaktoren. Wenn die konservative Therapie keine Besserung erbringt, können häufig genaue, unter Röntgen- oder CT-Kontrolle verabreichte Injektionen ins ISG sehr gute Erfolge erzielen, in einigen Fällen kann auch eine Radiofrequenztherapie erwogen werden.
Auch ein ISG-Implantat kann in Frage kommen: Mit solchen Implantaten – die Auswahl reicht von speziellen Schrauben aus Titan bis hin zu einem innovativen dreieckigen Typus aus dem 3D-Drucker – kann das Iliosakralgelenk in einem minimalinvasiven Eingriff von etwa 45 Minuten dauerhaft stabilisiert werden. Durch einen nur wenige Zentimeter langen seitlichen Hautschnitt werden die passenden Implantate gewebeschonend zwischen Darm- und Kreuzbein eingesetzt und damit eine halt- und belastbare Verbindung zwischen Wirbelsäule und Becken geschaffen. Das Einsetzen dieser Implantate ermöglicht bereits nach ca. vier- bis sechswöchiger Verheilung eine wieder vollständige Belastung, erhebliche Schmerzfreiheit und damit mehr Lebensqualität.
Nur in anhaltend therapieresistenten Fällen kann als letzte Behandlungsoption ggf. eine dauerhafte Versteifung (Arthrodese) vorgenommen werden. Hierfür existieren verschiedene Operationsverfahren.
Ansprechpartner
Wirbelsäulenzentrum
Chefarzt Klaus-Eberhard Kirsch
Tel 0421.8778-253
Fax 0421.8778-103
Mail wirbelsaeulenzentrum@roland-klinik.de
Terminvergabe:
terminvergabe@roland-klinik.de